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Das Panel „Kritiker in der Crowd“

Vor fast neunzig Jahren hat Bertolt Brecht eine Forderung an den Rundfunk aufgestellt, die sich heute mit den Möglichkeiten des Social Web realisiert findet. In seiner Radiotheorie schrieb er 1927:

Ein Vorschlag zur Umfunktionierung des Rundfunks: Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln. Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn auch in Beziehung zu setzen.

Dieses „ungeheure Kanalsystem“ ist heute da. Auch für das Theater. Wo früher Künstler sich der Kritik eines Journalisten stellen mussten (anders gesagt: sich nur der öffentlichen Kritik von Journalisten gegenübersahen), da stehen sie heute in einem Stimmengewirr unterschiedlicher Meinungen, Angriffe, Verehrungen. Da gerät der Kritiker selbst in die Kritik (auch von Künstlern, die sich netzöffentlich wehren). Und all dies in einem vielfältigen Rollen- und Maskenspiel verschiedener Identitäten, Absichten und Plattformen.

Auf dem Panel „Der Kritiker in der Crowd“ versammeln sich vier Kritiker und Künstler, Kommentatoren und Moderatoren, Schreiber und Beschriebene, um über die unterschiedlichen Dimensionen des „Ungeheuren“ der Crowd nachzudenken und zu diskutieren: Der nachtkritik.de-Redakeur Wolfgang Behrens, der Blogger Sascha Krieger alias Prospero, der Regisseur und Ex-Intendant des Bochumer Schauspielhauses Frank-Patrick Steckel sowie der Theaterautor Nis-Momme Stockmann. Moderation: Ulf Schmidt.

Wir freuen uns auf spannende Debatten über eine Netzgesellschaft, die sich im Sinne Brechts bereits „in Beziehung gesetzt“ hat.

Theater in der Netzgesellschaft: Partizipative Politik + Ästhetik

Es gab doch mal Zeiten, da man friedlich in seinem Polsterstuhl im Parkett saß und durch die unsichtbare vierte Wand hindurch Repräsentationen bürgerlicher Subjektivität in klassischen Schauspielstücken betrachten konnte. Und heute? Da geht’s per Audio-Walk hinaus in die städtische Kälte. Der öffentliche Raum wird zur neuen Bühne, auf der nie vollends klar ist, wer jetzt Mitspieler und wer nur schrulliger Passant ist. Den guten alten Theatersaal entern derweil „Experten des Alltags“ und unprofessionelle Spiele aller Couleur.

Wie verändert diese Partizipationskunst das Repräsentationstheater alten Zuschnitts? Welche Formen der Teilhabe des Zuschauers am Bühnenereignis sind richtungsweisend? Wie weit kann das Publikum in die Spielplangestaltung von Häusern eingreifen? Wird der Zuschauer demnächst per Crowdfunding zum Ko-Produzenten von Theaterarbeiten?

Darüber diskutieren auf dem Panel „Theater in der Netzgesellschaft: Partizipative Politik + Ästhetik“ Torsten Michaelsen von der Radioperformergruppe LIGNA, die künstlerische Leiterin von transeuropa 2012 Hannah Pfurtscheller, der Netzaktivist Stephan Urbach und der Bürgerbühnen-Macher und Intendant des Staatsschauspiels Dresden Wilfried Schulz. Moderiert wird das Panel von dem Journalisten und nachtkritik.de-Mitgründer Dirk Pilz.

Open Spaces

Die Winterakademie am Berliner Kinder- und Jugendtheater an der Parkaue ist halb Ferienvergnügen, halb Laboratorium des Gegenwartstheaters, wo Schüler gemeinsam mit etablierten Künstlern aktuelle gesellschaftliche Fragen ästhetisch untersuchen. In diesem Jahr ging es unter dem Titel „Sagen wir, wir sind das Netz“ um die Kunst der modernen Kommunikationssysteme. Mit dabei Künstler wie Helgard Haug und Daniel Wetzel von Rimini Protokoll, Gesine Danckwart, Invisible Playground, The Critical Engineers und viele mehr. Was dort Sache war, will der Leiter der Winterakademie Stephan Behrmann von der Parkaue in einer Open Space Session berichten.

Workshops – Zusätzliche Plätze verfügbar

Wir hatten bereits bei der Planung der Praxis-Workshops großes Interesse erwartet – dass es so groß würde, hatten wir nicht gedacht. Bereits jetzt sind die von uns ursprünglich geplanten Teilnehmerkapazitäten erschöpft. Deswegen freuen wir uns außerordentlich, eine dritte Workshopleiterin gewinnen zu können: Meike Bitzer von der Social Media Agentur TLGG wird das bisherige Team Florian Zühlke und Jonathan Lütticken erweitern. Es wird inhaltlich bei den beiden Themen „Plattformen“ und „Community-Management“ bleiben. Jedes dieser Themen wird nun aber auf der Konferenz dreimal inhaltsgleich parallel angeboten: Vormittags wird es also parallel dreimal „Plattformen“, nachmittags dreimal „Community-Management“ geben.

Wir haben die Zahl der Teilnehmer jeder Workshop-Veranstaltung auf 25 begrenzt, damit tatsächlich auch Austausch und Gespräch möglich sind. Das schränkte die Teilnehmerzahl auf 50 ein, die bereits jetzt ausgeschöpft sind. Durch Meike Bitzer gibt es nun weitere 25 Plätze für jedes der beiden Themen.

Wer teilnehmen möchte und sich noch nicht angemeldet hat, sollte das allerdings möglichst bald tun, denn eine weitere Vergrößerung des Angebots ist organisatorisch nicht mehr möglich.

Für die Workshops ist die Anmeldung über die Emailadresse konferenz@nachtkritik.de erforderlich. Als Unkostenbeitrag fallen 20 Euro pro Workshop und Teilnehmer an.

 

Panel „Kritik im Netz“

Wenn jemand über Veränderungen durch das Internet Auskunft geben kann, dann sicherlich Journalisten. Die Auflage gedruckter Zeitungen befindet sich im Sinkflug, Redaktionen werden reduziert, Verlage suchen händeringend nach Möglichkeiten, mit Online-Inhalten Geld zu verdienen. Dafür beginnen sie, die Inhalte hinter Bezahlschranken zu verstecken und verbieten durch Leistungsschutzrechtsgesetze die Auffindbarkeit durch Google.

Welche Auswirkungen hat dieser Wandel auf die Theaterkritik? Wie verändert sich die Arbeit und der Einfluss der Handvoll noch verbliebener fest angestellter Kritiker? Wie funktioniert das kritische Schreiben online und wie beeinflusst das direkte Leserfeedback die Denk- und Schreibweise von Kritikern? Braucht es überhaupt noch die klassische Kritik – oder sind Daumen hoch /Daumen runter, Likes und Sternchenbewertungen die Nachfolgemodelle? Und nicht zuletzt: Wie verdient man seinen Lebensunterhalt in der (angeblichen?) Kostenlos-Kultur des Netzes?

Klar ist, dass diese Veränderungen der Theaterkritik auch Auswirkungen auf Theater haben. Lange sorgten die Kritiker dafür, dass Theater auf kostengünstigem Weg breite Aufmerksamkeit bei Zeitungslesern bekamen. Sie machen neugierig, schaffen Zugänge zu herausfordernden und ästhetisch anspruchsvollen Arbeiten, sorgen für überregionale Diskurse und beförderten die ästhetische Erziehung der Zuschauer. Wie wird das in der Netzgesellschaft geschehen?

Darüber werden auf dem Panel „Kritik im Netz“ Christine Dössel (Theaterkritikern der Süddeutschen Zeitung), Esther Slevogt (nachtkritik.de), Tobi Müller (freischaffender Kulturjournalist) und der Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Christopher Balme nachdenken und diskutieren.

Theater im Netz

Wie finden Bühnenereignisse ihren Weg ins Internet? Gibt es Theaterformen, die sich für den multimedialen Tigersprung besonders eignen? Ist solch ein Theater im Netz überhaupt noch Theater? Darüber diskutieren auf dem Nachmittagspanel „Theater im Netz“ der Volksbühnen-Schauspieler und Highspeed-Regisseur Herbert Fritsch (Macher von hamlet_X), der Medienkünstler und Regisseur Robert Lehniger (Kopf hinter Eyjafjallajökull-Tam-Tam am Münchner Residenztheater) und der Theaterwissenschaftler Ulf Otto (Uni Hildesheim), der gerade seine lesenswerte Studie zum Thema herausgebracht hat: Internetauftritte. Eine Theatergeschichte der neuen Medien, Transcript Verlag 2013. Moderiert wird das Panel von dem Journalisten und Podcast-Gestalter Philip Banse.

Interaktivität als Konzept

OverclockedEiner der Großmeister des interaktiven Erzählens ist bei uns im Mai zu Gast: Martin Ganteföhr, Macher von Adventure-Klassikern wie „The Moment of Silence“ und „Overclocked“ (Screenshot). Er wird auf dem Panel „Interaktivität als Konzept“ mit Sebastian Hartmann und den Interaktionstheaterkünstlern von SIGNA und machina eX über die Möglichkeiten computerspielinspirierter Kunstformen auf dem Theater diskutieren.

Konferenz-Workshops und Praxisgespräche für Social Media

Im Rahmen der Konferenz bieten wir am 9. Mai (12.10 Uhr und 15.30 Uhr) zwei Workshops an, die sich vor allem an diejenigen richten, die täglich mit Social Media Plattformen arbeiten: also an die Öffentlichkeitsarbeiter der Theater aber auch von Verbänden oder anderen Kulturinstitutionen.

Warum diese Workshops?

Die Social Media bieten fantastische Möglichkeiten, Besucher zu Fans und Fans zu Besuchern zu machen. Es kostet (scheinbar) nichts – außer ein bisschen Zeit. Und es bringt vielleicht Kontakte zu ganz neuen Interessenten- und Bevölkerungsgruppen.

Allerdings zeigt sich im Alltag auch die eine oder andere Herausforderung, was sowohl den Umgang mit der Technik und den Funktionen angeht, als auch die Frage der Beschaffung von Content, dem Umgang mit Kritik oder auch nur die Vergrößerung der Fanbase.

Auf solche Fragen stößt jeder früher oder später. Und sie für sich „im stillen Kämmerlein“ zu lösen, heißt, das eigentlich bereits gelöste Probleme immer wieder mit „Trial and Error“ neu angegangen werden Weiterlesen